Barmbek Erinnerungen von Peter Kindt
Juli 1943 Bombenangriffe und Evakuierung
Aufgewachsen bin ich in Barmbek in der Starstraße 20 in einem Arbeiterviertel. Die Häuser waren ca. 5 Stockwerke hoch und hatten im Wesentlichen kleine 1- und 2-Zimmer-Wohnungen. Gebaut wurden sie in den 1920er Jahren. Meine Erinnerungen an den Juli 1943 sind nur bruchstückhaft. Teilweise habe ich sie erlebt, so wie es ein 6-jähriger kann, teilweise beruhen sie auf Erzählungen von Verwandten oder ich habe sie nachgelesen. Viele Kinder wurden durch die Angriffe traumatisiert. Das hielt sich bei mir in Grenzen.
Die Starstraße
Die Bombenangriffe auf Barmbek
Im Haus waren Kellerräume notdürftig als Bunker ausgebaut. Auch wurden die Keller der Nachbarhäuser durch Durchbrüche verbunden. Zusätzliche Abstützungen wurden eingebaut. Einfache mehrstöckige Betten waren die Ausrüstung und jede Familie hatte ein Notpaket dabei. Immer wenn die Sirenen gingen, mussten wir runter in den Keller und bis zur Entwarnung warten.
Ab 1941 fielen auf Barmbek immer wieder Bomben und es gab Luftalarme. Ich erinnere mich besonders an eine Luftmine, die 1942 in der Nähe runterging, und zwar am Tieloh. Es war eine gewaltige Bombe, die enormen Schaden anrichtete. Da wackelte auch unser Haus recht bedenklich und wir im Keller hatten Angst, dass etwas zusammenbricht.
Mein Vater ging einmal mit mir nach einem Angriff nach Wandsbek, um mit mir die Zerstörungen anzusehen. Wir gingen durch brennende Straßen.
Vater von Herrn Kindt mit Sprößling
Die schweren Angriffe kamen im Sommer 1943 mit der „Operation Gomorrha“. Sie zielten nur auf Arbeiterviertel, um die Produktionskapazität zu verringern und um die Bevölkerung zu demoralisieren. Bei den ersten zwei Wellen sahen wir die Lichterbäume am Himmel, die Strahlenbündel der Flakscheinwerfer und das Brummen der Bomber. Den Höllenlärm der Detonationen der Bomben hörten wir nicht so sehr, denn wir waren dann ja im Keller. Bei dem zweiten Großangriff auf Hamm, mit dem vernichtenden Feuersturm am 28. Juli 1943 (ca. 30.000 Tote), kam meine Tante Alma Brinkopp mit ihrem jüngsten Sohn um. Nur der Vater Karl und Sohn Walter überlebten. Es war für die Verwandten seltsam, wieso er ohne seine Familie aus dem Keller kam.
Die dritte Welle traf Barmbek in der Nacht 29./30. Juli 1943. Es flogen 726 Bomber an. Sie warfen 400 Luftminen,
5 000 Sprengbomben, 900 000 Stabbrandbomben, 1200 Phosphor-Kanister und 450 Flüssigbrandbomben ab. Danach brannte Barmbek auf einer Fläche von 6 Quadratkilometer. 75 % aller Gebäude wurden zerstört, der Rest schwer bis leicht beschädigt.
Die Evakuierung
Es zeigte sich, dass die vorhandenen Bunker und Schutzräume völlig unzureichend waren. Daher wurde eine Evakuierung eingeleitet, die in einigen Stadtteilen, beispielsweise bei uns in Barmbek, noch rechtzeitig durchgeführt werden konnte. Alle Bewohner, die nicht unbedingt in der Rüstungsproduktion benötigt wurden, mussten die Stadt verlassen. Die meisten Kinder wurden im Rahmen der Kinderlandverschickung auf dem Land in Sicherheit gebracht. Insgesamt flohen nach den Angriffen etwa 900 000 Hamburger aus der Stadt in das Umland oder in die Aufnahmegaue in Bayern und Ostdeutschland bzw. Polen. Meine Eltern hörten von der Evakuierung nicht offiziell, sondern von einem Nachbarn, einem Polizisten, der sagte, dass es besser wäre zu flüchten. Am 28. Juli abends müsste die ganze Bevölkerung draußen sein. Wir packten das notwendigste auf einen kleinen Blockwagen, den wir uns geliehen hatten, und zogen los, wie fast alle anderen (ca. 120 000 Menschen). Wir zogen zu Fuß bis Hoisbüttel
(ca. 13 km) und fanden dort eine Feldscheune. Diese war allerdings voller Flaksplitter, weil in der Nähe einer Flakstellung war, so dass mein Vater mit uns weiterzog bis zu einem Gasthof in Hoisbüttel. Der hatte seine Scheune schon für die Flüchtenden freigemacht. Von dort sahen wir, wie Barmbek brannte. Der dadurch ausgelöste Sog war sturmartig zu spüren. Mein Vater ging am nächsten Morgen noch einmal zurück, um eventuell noch Sachen zu holen – aber es war sinnlos.
Trümmer in der Fuhlsbüttler Straße
Vier alleinstehende Frauen in unserem Haus blieben im Keller. Sie hatten Glück, dass ein beherzter Nachbar sie in der Pause zwischen Spreng- und Brandbomben rausholte, indem er den Durchgang vom Nachbarhaus her aufmachte, denn der Hauseingang bei uns war schon verschüttet. Wie es weiterging, habe ich nicht mehr ganz in Erinnerung. Aber wie mir meine Schwester erzählte, wurden wir an einem Morgen von LKWs abgeholt und auf die Bahn nach Ahrensburg zur Evakuierung gebracht. Der Güterzug fuhr los Richtung Osten, Ziel für uns unbekannt. Die Güterwagen waren überfüllt und stickig, so dass die Männer die Waggontür aufmachten und sich davorlegten, damit wir Kinder nicht aus Versehen rausfielen.
In der Nacht hielt der Zug auf einem Bahnhof. Mein Vater erkannte, dass es Wittenberge war, in der Nähe seines Geburtsortes Bälow. Kurz entschlossen verließen wir unerlaubt den Zug und nahmen noch ein paar Nachbarn mit, um nach Bälow zu gehen. Mein Vater telefonierte mit einem Schulkameraden, der den einzigen PKW mit Anhänger in Bälow hatte. Der brachte uns am nächsten Morgen nach Bälow. Dort wurden wir von Verwandten aufgenommen.
Doch der Bürgermeister (BM) wollte unsere Aufnahme verweigern. Doch mein sonst ruhiger Vater rastete in diesem Augenblick wohl aus und schrie den BM an, dass seine Familie wohl doch in seinem Geburtsort bei seiner Familie aufgenommen werden kann und muss. Der BM lenkte ein.
Eine Nachwirkung der Bombennächte gab es bei mir, die ich aber erst später merkte: Ich habe eine große Angst vor offenem Feuer, sei es Lagerfeuer, zu denen ich immer mit Respekt Abstand hielt. Ich kann zündeln nicht leiden, habe auch nie gezündelt, und vor allem, ich kann brennende Kerzen auf dem Weihnachtsbaum nicht ausstehen, weil ich dabei in ständiger Angst lebe, dass der Baum zu brennen anfangen könnte. Auch Tischkerzen fallen darunter.
Im Gegensatz dazu kann ich mich nicht erinnern, dass ich während der Bombenzeit Angst gehabt hätte. Als Kind nimmt man solche Geschehnisse wohl unbefangener wahr, man findet sie einfach abenteuerlich.
Peter Kindt, 2017
Lehrzeit bei Kampnagel
Ende 1953 Anfang 1954 ging mein Vater mit mir auf die Suche nach einer Lehrstelle. Das war zu der Zeit gar nicht so leicht. Einerseits wollte er nicht, dass ich bei der Bahn lernen sollte und andererseits auch nicht auf den Werften. So fragten wir bei den Betrieben in Barmbek an. Carl Später und andere hatten nur Lehrstellen für Schweißer oder ähnliches, das war meinem Vater nicht genug. Bei Kampnagel wurden wir fündig. Ich bekam eine Stelle als Stahlbauschlosser. Das fand er gut, da Kampnagel eine große Firma war und ich später sicher Vorarbeiter oder auch Werkmeister dort werden könnte. Leider erlebte er den Beginn meiner Lehrzeit nicht mehr. Für mich begann wieder eine völlig neue Welt.
Das Kampnagel Werksgelände, der Kran
in der Mitte war ein Probeaufbau einer Serie
von Hafenkränen für Chittagong
Meine Lehrzeit bei Kampnagel
Ich verdiente zum ersten Mal regelmäßig Geld, denn mein Lehrgeld betrug 45 DM. Im 2. und 3. Lehrjahr stieg das Lehrgeld über 55 auf 65 DM. Außerdem war es damals noch möglich als Lehrling im 3. Lehrjahr im Akkord zu arbeiten und auch Überstunden zu leisten. Das waren willkommene Gelegenheiten um sein Geld aufzufrischen. Später kam ein neues Jugendschutzgesetz raus, dann ging das alles nicht mehr.
Kampnagel war eine alte Hamburger Firma und stellte im Hauptgeschäft Hafenkräne, Werftkräne, Hüttenkräne und Schiffskräne her. Nebenprodukte waren Rolltreppen, Paternoster, Reismühlen und Shat-Davits. Angesiedelt war sie in der Jarrestadt am Osterbek-Kanal.
Es arbeiteten ca. 1500 Leute, davon ca. 400 in der Verwaltung, Arbeitsvorbereitung und im Konstruktionsbüro. Dann waren wir ca. 250 Lehrlinge, der Rest waren die Facharbeiter der verschiedensten Fachrichtungen. Es wurde bis auf die Motoren alles selber hergestellt. Dafür gab es eine Gießerei, eine Härterei, eine Dreherei, Fräserei, Hobelei. Eine Schmiede, Schweißerei, Brennerei, Nieterei und vor allem die Stahlbauabteilung in der Osthalle, sowie noch andere Werkstätten. Ausgehend von der Lehrwerkstatt mussten wir alle diese Fachabteilungen als Lehrling durchlaufen bis wir dann endlich in die Montagehalle zum Zusammenbau der Elemente kamen.
Zur Firma kam ich entweder mit dem Fahrrad (im Sommer immer, im Winter meistens), oder mit der S-Bahn bis Barmbek und dann zu Fuß ca. 20 Minuten. Die Arbeitszeit war 48 Stunden in der Woche. Der Arbeitsbeginn war 7.00 Uhr und Schluss war 16.00 Uhr mit einer halben Stunde Pause. Am Samstag arbeiteten wir von 7.00 Uhr bis 12.30 Uhr. Im dritten Lehrjahr waren wir auch noch scharf auf Überstunden oder Akkordarbeit, um ein wenig mehr Geld zu verdienen. Urlaub hatten wir 2 Wochen.
Am Anfang und Ende der Arbeitszeit mussten wir an der Stempeluhr stempeln. Außerdem wurden diese Zeiten und die Mittagspause mit Hörnern angekündigt. Umgezogen wurde sich in riesigen Umkleideräumen mit großen Gemeinschaftsduschen. Jeder hatte seinen Spind. Die Arbeitskleidung bekamen wir vom Werk geliehen gegen ein winziges Entgelt. Dort wurde sie auch gewaschen und geflickt. Werkzeug und Lederhandschuhe wurden gestellt. Die Werkzeugkiste bauten wir in der Lehrwerkstatt selber.
Essen konnten wir preiswert in der Betriebskantine. Es gab immer so etwas wie Eintopf, mal mit mal ohne Fleisch. Wir Lehrlinge hatten natürlich immer einen gewaltigen Hunger, sodass wir meistens die ersten in der Kantine waren. Das allein schon deswegen, weil wir dann noch die Chance auf einen Nachschlag hatten. Wenn man schnell genug aß, schaffte man auch zweimal einen Nachschlag. Hier lernte ich das schnelle Essen, das ich Zeit meines Lebens nie wieder los wurde. Übrigens machte meine Mutter mir jeden Morgen einen Haferbrei, weil ich ja so dünn war.
In der Lehrwerktstt
In den ersten 6 Monaten waren wir in der Lehrwerkstatt. Hier lernten wir die Grundfertigkeiten, wie feilen, bohren, meißeln, schaben, sägen usw.. Der Lehrmeister hieß Kulp und war gleichzeitig noch Meister in der Werkzeugmacherei. Der Lehrgeselle hieß Albrecht, er war völlig haarlos. Deswegen ging er immer 15 Minuten vor Feierabend zum Duschen und Umziehen. Er war hart, aber gerecht. An drei Lehrkollegen erinnere ich mich: Adrian von Saucken, er war nebenher quasi Manager einer Jazzband, Ottmar Ludwig, er war aus einer etwas mehr betuchten Familie, denn er spielte Hockey in einem reichen Club, dem HTHC, und Klaus Gesinski, er kam erst spät aus Russland zurück, dorthin wurde er mit seiner Familie nach dem Krieg verschleppt. Wir machten natürlich auch Unfug. So spielten wir mit den Pappschachteln, in denen Schrauben waren, Fußball. Das hatte ein Ende, als wir in eine Schachtel einen Eisenklotz legten, und sich ein Kollege beim Fußball damit die Zehen brach. Eine der schönsten Arbeiten war der Bau der eigenen Werkzeugkiste aus Blech. Außerdem stellten wir Lehrstücke her, wie Schraubenschlüssel, Außentaster, Innentaster u.a.. Diese Teile habe ich bis heute aufgehoben.
Anschließend ging es für 2 Monate in die Lehrschweißerei. Hier lernten wir E-Schweißen, Autogenes Schweißen und löten. Besonders schwierig war das Schweißen mit „blanken“ Elektroden, weil diese immer am Blech festklebten. Aber wenn man das gelernt hatte, konnte man mit allen anderen Elektroden auch schweißen. Unfug machten wir auch hier. Wir füllten leere Milchtüten mit Wasserstoff- und Sauerstoffgas, steckten einen Strohhalm rein und zündeten ihn an. Die Explosion hörte man in der ganzen Halle und verbog manchesmal die seitlichen Bleche der Schweißbox. Gefährlich war es, in die Schweißflamme ohne Schutzschild zu sehen, das führte zum „Augen verblitzen“. Das tat weh und man sah eine ganze Weile schlecht, so dass man auch krankgeschrieben wurde. Gott sei Dank hatte ich Glück und hatte das Übel auch später in der Werkstatt nie.
Nun ging es richtig los, wir kamen in die Produktion, denn es ging nur noch zweimal in die Lehrwerkstatt – im 2. Lehrjahr zu einer Art Zwischenprüfung und am Ende des 3. Lehrjahres zur Vorbereitung auf die Facharbeiterprüfung.
Besprechung mit Lehrgeselle Albrecht
Es fing an in der Kolonne, in der die Ausleger und Kranhäuser zusammengebaut wurden. Hier war ich einem Altgesellen zugeordnet, der nur plattdeutsch sprach. Er brachte mir die Grundzüge des Zusammenbauens der einzelnen Blech- und Trägerteile zu einem Ganzen bei. Die Hauptwerkzeuge waren ein 5 kg Hammer und der Schweißbrenner zum Richten. Er gab mir zum Schluss auch schon kleine Teile, die ich selber bearbeiten konnte. Von ihm lernte ich auch eine Weisheit, nämlich, dass ich nicht nur mit „ja, ja“ antworten sollte, denn das bedeutet „leck mich am Arsch“. Er hat recht. Die Sprache war überwiegend Plattdeutsch, wie auch in den anderen Kolonnen.
In einer weiteren Kolonne wurden Paternosterkörbe und Greifer hergestellt. Dort war der Beginn die langweiligste Arbeit, die ich je hatte – 3 Wochen lang mit einer Tellerschleifmaschine die Führungsrahmen von Paternosterkörben blank schleifen. Damals waren die Lehrlinge dafür gut genug. Aber dann durfte ich Greifer zusammenbauen. Die Kolonne war klein, aber dort machte es Spaß, weil der Vorarbeiter eine Seele von Mensch war.
Darauf folgte die Brennerei. Hier wurden die angezeichneten Bleche oder anderen Teile mit Schweißbrennern auf die richtige Form getrennt. Die Arbeit war nicht gerade langweilig, aber teilweise diffizil, da man immer den Brenner richtig einstellen musste, sonst konnte ein Brennschnitt ganz schnell unbrauchbar werden.
Die nächsten drei Monate waren gemütlich. Erst Maschinenarbeit in der Hobelei, und dann im Reismühlenbau. Dort lernten wir den Umgang mit dünnen Blechen.
Die Kolone der Schmiede
Der härteste Job war dann in der Schmiede. Es wurden z. B. Flachstähle von 5 x 10 cm in Ringe für Zahnkränze geformt. Dazu wurden sie glühend gemacht und dann mit Hebeln auf einer großen Lochplatte gebogen. Den Gesellen machte es Spaß, uns Lehrlingen an dem Hebel möglichst dicht an das glühenden Eisen zu bringen. Dort fiel einem fast die Haut vom Gesicht, das Eisen hatte immerhin mehrere 100 Grad. Wir lernten aber auch richtig schmieden mit Hammer und Amboss.
Dann folgten weitere 17 Wochen im eigentlichen Stahlbau. Eine Zeitlang davon war ich im Shat-David-Bau (die Kräne für die Rettungsboote großer Schiffe). Der Vorarbeiter Büchel war ein Ekel. Z. B. machte er sich ein Spaß daraus, seine Pfeife mit Pressluft zu Putzen und dabei ganz beiläufig den stinkenden Dreck auf unsere Anzüge zu spritzen. Als mein Lehrkollege mal etwas länger weg war, lief Büchel hinterher und fand ihn auf dem WC, das keine abschließbare Tür hatte. Wutentbrannt brüllte er: „Sitzt der doch auf dem Klo und liest Zeitung. Wenn er doch wenigstens die Hose runtergezogen hätte.“ Hier zog ich mir meine einzig nennenswerte Verletzung zu. Ich schlug eine Buchse in ein Lager mit einem 5 kg Hammer. Dabei kam der Hammer etwas aus dem Weg, und ich haute mir mit voller Wucht auf den Daumen. Gott sei Dank blieb der Knochen heil, aber ich wurde 6 Tage krankgeschrieben.
Anschließend wurde es ruhiger, denn ich ging für 13 Wochen in die Lehrwerkstatt zur werksinternen Zwischenprüfung.
In der Anreißerei in der Osthalle
Danach kam ich in die Anreißerei. Dieser Teil machte mir am meisten Spaß, denn einerseits waren die Kollegen in der Kolonne sehr angenehm und andererseits kam mir, die Arbeit als mathematisch und zeichnerisch Begabter sehr entgegen. Hier wurden die Einzelnen Bleche und Formstähle vorbereitet zum Brennen, Bohren und Schweißen, d. h. es mussten die Zeichnungen auf die Stähle übertragen werden. Erst musste ich die Kleinteile anzeichnen. Aber der Vorarbeiter merkte bald, dass mir das Geschäft lag, und ich durfte ihm bei dem Anzeichnen der großen Bleche assistieren. Ich stellte mich dabei so gut an, dass er, als er sich eines Tages verletzte, weil ich ihm ein paar Winkel versehentlich auf die Finger geworfen hatte, so dass er krankgeschrieben wurde, mir seine Vertretung übertrug. Sein Stellvertreter war sehr enttäuscht, denn er dachte sofort, dass er nun die großen Bleche machen durfte. Zu seiner und meiner Überraschung sagte der Vorarbeiter jedoch, ich war im 3. Lehrjahr: „Nein, nein, die macht der Peter“. Eine große Ehre für mich.
Jetzt gab es nur noch eine Station, die mir viel brachte, nämlich die Arbeit im Technischen Büro. Hier wird die Arbeit in der Werkstatt vorbereitet. D. h. man bekommt die Konstruktionszeichnungen und muss daraus die Einzelteile herausziehen und zu Schablonen und Handrissen verarbeiten, die dann in der Anreißerei weiter verarbeitet wurden. Dafür musste man gut Zeichnungen lesen können und auch gut rechnen und zeichnen können. Ich erledigte auch dort meine Arbeit zur vollen Zufriedenheit des Vorgesetzten.
Schluss in der Lehrwerkstatt
Am Ende der Lehrzeit waren wir wieder in der Lehrwerkstatt zur Vorbereitung auf die Prüfung. Wir bauten nochmals die Prüfungsstücke der vergangenen Jahre nach und übten alle schwierigen Dinge. Ich baute mir dabei einen kleinen Schraubstock, den ich selber entworfen hatte und dessen Zeichnung ich zu Hause gefertigt hatte.
So vorbereitet ging ich in die Prüfung. Sowohl die schriftliche als auch die praktische Prüfung bestand ich mit „sehr gut“. Mehr noch, ich war der Jahrgangsbeste der Stahlbauschlosser von Hamburg. Den Gesellenbrief erhielten wir in einer Feier der Industrie- und Handelskammer überreicht. Zum Schluss gab es dann noch eine interne Abschlussfeier bei Kampnagel. Als Belohnung für mein gutes Ergebnis durfte ich mir von Kampnagel ein Buch wünschen. Ich entschied mich, da ich zwischenzeitlich die Aufnahmeprüfung der Staatsbauschule Hamburg bestanden hatte, für die drei Bände von „Schreyers Baustatik“. Damit endete meine Lehrzeit.
Direktor Dr. Spangenberg und
Lehrmeister Kulp überreichen mir einen Preis
Peter Kindt, 2018